Georg Friedrich Händel
Semele
2013: Gärtnerplatztheater München
Presse/Press
Münchner Merkur:
Die beste Gärtnerplatz-Produktion seit langem: Händels „Semele“ im Münchner Cuvilliéstheater…. Eine Studie über die Ehe, über Beziehungsalltag und -traum, über Selbstfindung und das Akzeptieren der eigenen Situation… Statt Vernunft und Versorgung spielte auf einmal Wichtigeres eine Rolle – Liebe und Emanzipation. Solche Hintersinnigkeiten gibt es viele an diesem Abend. Es ist nicht nur eine der besten Gärtnerplatz-Produktionen seit langem, sondern setzt sich auch von früheren Münchner Barock-Spektakeln ab…. Eine Gratwanderung ist das, was Karoline Gruber, Roy Spahn (Bühne) und Magali Gerberon (Kostüme) unternehmen. Die Psychologisierung der Figuren wird konterkariert mit einem eigentümlichen Bildertheater, skurril, surreal, poetisch, auch mit delikatem Humor…. Nie aufdringlich und überbordend ist das, vielmehr eine Maßanfertigung für die Musik und das Rokoko-Schmuckkästchen des Spielortes.
Opernwelt:
Händels „Semele“ in jenem wunderfeinen Haus und inszeniert von einer Frau, die so gar nichts gemein hat mit der Neonschrillkunst eines David Alden….Überhaupt hat sich Karoline Gruber gewandelt…“Semele“, dieses so intime Oratorium ist bei ihr eine Studie über Ehe und Beziehungsalltag, über Selbstfindung und das (Nicht-)Akzeptieren der eigenen Situation…Was ihr mit Roy Spahn (Bühne) und Magali Gerberon (Kostüme) gelingt, ist ein eigentümliches Bildertheater, surreal, poetisch, mit nie aufdringlichem Humor….Wenn sich also beide Münchner Häuser schon um Arbeitsteilung mühen: Wie wäre es, wenn sie mit Comin und solchen Regie-Handschriften eine neue Barock-Reihe starteten? Das Münchner Publikum würde es ihnen gewiss mit Kusshand danken…
Münchener Abendzeitung:
Händel ist wieder da: Karoline Grubers Inszenierung hat einen ganz starken Moment, wenn Semele auf Doubles ihrer Jugend, Mutterschaft und des Alters trifft. Sonst wird sie von jenem Hauch Jacques Offenbach durchweht, der sich bei Götterliebschaften unvermeidlich einstellt. Hin und wieder schweben Zitronenfalter über die Bühne, Elaine Ortiz Arandes (Iris) verwandelt sich allerliebst in ein Insekt. Und niedlich ist auch die Luftfahrt über den Münchner Frauentürmen, in denen der Gott eine Hausbar versteckt hat. Grubers klare und sauber gearbeitete Inszenierung verzichtet auf forcierte Übertreibungen. Sie rettet die abschweifende Somnus-Szene durch etwas Friedhofs-Gothic und einen Untoten mit Scherenhänden.
Es ist eine rundum gelungene Vorstellung, die dem verflossenen Händel-Stil der Staatsoper nicht nachläuft und bestens zur Qualitätsunterhaltungslinie des Gärtnerplatztheaters passt. Und falls dermaleinst das Stammhaus doch wieder öffnen sollte: Da passt Händel wegen der Intimität des Raumes ohnehin besser hinein als ins Nationaltheater. Also: bitte mehr Barock!
Bayerischer Rundfunk:
Das Thema hat schon der römische Dichter Ovid in seinen berühmten “Metamorphosen” bearbeitet, und die Metamorphosen, also die Verwandlungen, sind es auch, die Regisseurin Karoline Gruber gestern Abend im Münchener Cuvilliéstheater in den Mittelpunkt ihrer Inszenierung stellte, symbolisiert durch den Schmetterling, der ja zunächst als Raupe durch die Welt kriechen muss. Sonnengelbe Schmetterlinge flatterten denn auch immer durch die Kulisse und trösteten über eine düster-graue Urnenwand hinweg, die die Bühne von oben bis unten ausfüllte.
Karoline Gruber spielt gekonnt mit den Kitschvorstellungen vom Paradies: Goldene Engel mit Luxuskörpern und dampfendes Ambrosia aus Sektkelchen steigern das Vergnügen. Lustige Ballonfahrer stellen fest, dass die Welt von oben doch vergnüglicher aussieht. Aber die Geschichte endet tragisch: Semele wird Opfer ihres eigenen Hochmuts und verbrennt an Jupiters Blitzen. Immerhin lebt sie weiter in ihrem Kind, dem Gott der Lust und der Liebe, Bacchus. Der Metamorphose, der Veränderung, entkommt niemand – das Leben als ewiger Kreislauf von Werden und Vergehen. Eine Selbstverständlichkeit, die im Cuvilliéstheater in poetisch-verspielte, aber nie oberflächliche Bilder umgesetzt wurde. Ein eindrucksvoller Abend.
Klassikinfo.de:
Das Gärtnerplatztheater in München zeigt bis 7. November im Cuvilliés-Theater eine hinreißende Produktion von Händels „Semele“ in englischer Originalsprache
…Aber steht Semele erst einmal auf der Bühne, von den Händen einer begabten Regie dorthin gehoben, dann merkt man, um was für eine vollblütige Oper es sich dabei handelt, um die vollblütigste Oper Händels überhaupt.
Dem Gärtnerplatztheater München ist dieser Beweis in seiner Neuinszenierung durch Karoline Gruber im Cuvilliés-Theater rundum gelungen, auf der Bühne, im Orchestergraben. Man geht neugierig hinein und kommt beschwingt heraus. Was für ein Theaterabend!
Dank der modernen Bühnenregie sehen wir das heute anders und können an einem Stück unsere Freude haben, das mit den Mitteln der Barockmusik und des Generalbasszeitalters alles enthält, was wir von einer spannenden Oper erwarten. Vor allem: glaubhaft gezeichnete Charaktere, die authentische Gefühle durchleben und deshalb in Konflikte mit ihren Handlungsgenossen geraten.
Das ist Oper, wie wir sie auch heute verstehen und die deshalb in einer modernen Inszenierung hervorragend funktioniert.
Dafür hat das Gärtnerplatztheater mit Karoline Gruber genau die Richtige gewählt. Sie versetzt die Handlung in das sittenstrenge Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Am Beginn steht eine Art Massenhochzeit der großbürgerlichen Gesellschaft, die sich als Motiv durch den irdischen Teil der „Semele“ zieht. Das höchste Glück einer Frau muss ihre Verheiratung sein, aber Semele akzeptiert das nicht.
Heraus kommt eine Produktion aus einem Guss und einem großen Wurf, stimmig, spannend und anrührend vom Anfang bis zum Ende.
Händel am Gärtnerplatztheater könnte Kultstatus erreichen wie einst Händel an der Bayerischen Staatsoper.
mz-web.de:
Erst kommt die Götterliebe, dann die menschliche Moral
Karoline Gruber inszeniert im Münchener Cuvilliestheater Händels “Semele”. Das Ensemble und vor allem der Chor liefern ihren Teil zum musikalischen Erfolg einer kurzweiligen Inszenierung bei.
Regisseurin Karoline Gruber (in unserer Gegend zuletzt in Leipzig mit einer hinreißend bildgewaltigen “Ariadne auf Naxos” zu erleben) hat schon oft ein besonderes Händchen für den besonderen Charme und die spezifischen Möglichkeiten der Barockoper bewiesen. Beim aktuellen Auftrag des Münchner Gärtnerplatztheaters wird die renovierungsbedingte Schließung des Hauses zum Glücksfall in Sachen Ausweichspielstätte.
Am Ende bejubelte das Publikum eine höchst gelungene, poetisch heitere Inszenierung, die ihren Hintersinn gänzlich unaufdringlich mit liefert. Diese Regisseurin und ihr Bühnenbildner und natürlich der schon in diesem Jahr für Halle vorgesehene Franco Fagioli sind wie geschaffen für die hiesigen Händelfestsspiele. Und sie hätte auch Lust dazu. Na dann.