Giacomo Puccini
Gianni Schicchi
2005: New National Theatre Tokyo
Presse/Press
MOSTLY CLASSIC (Monatsmagazin für Klassische Musik)
Oper und SM !? – Vom 28. bis 31. Juli wurde im Neuen Nationaltheater in Tokyo-Hatsudai durch die NIKIKAI Tokyo eine Kombination aus Zemlinskys „Florentinischer Tragödie” und Puccinis „Gianni Schicchi” aufgeführt. An eine Inszenierung, die schon im Voraus so sehr für Aufsehen sorgte, dass eine Zeitschrift einen Artikel unter dem Titel „Extremes SM deutscher Prägung auf Opernbühne” veröffentlichte, wagte sich die deutsche (sic!) Regisseurin Karoline GRUBER und machte gleich mit ihrer ersten Arbeit in Japan Furore.
Die „Florentinische Tragödie”, die auf einem Text von Oscar Wilde beruht, ist die Tragödie einer verwickelten Dreiecksbeziehung, während „Gianni Schicchi” die Komödie um die Erbschaft eines großen Vermögens ist. GRUBER fügte beide Stücke, die gleichermaßen in Firenze spielen, in einen gemeinsamen Rahmen, nämlich in den Keller und in den Salon des reichen Herrn Buoso. Die „Florentinische Tragödie” eröffnet gleich mit einer Szene, in der der Ehegatte Simone seine Frau Bianca an einem Halsband mit Kette kujoniert, es folgen Szenen mit Kokaingenuss und erotischen Liebesspielen, Simone legt Frauenkleidung an und am Ende sinken er und Bianca über den Körper des getöteten Guido in einen heißen Kuss. Auch die Kostüme sind in SM-Art, und im Publikum werden nicht wenige Zuschauer über die engagierte, extrem realistische Darstellung von Masako HAYASHI (29. und 31. Juli) verblüfft gewesen sein. Auch Szenen, in denen während des Singens zugleich mit einer Videokamera Aufnahmen gemacht werden, sind etwas völlig Neues. Obwohl die Bühne generell Perverses zeigte, ist die überzeugende Schauspiel- und Gesangskunst der Solisten schlichtweg grandios zu nennen.
Mit der überraschenden Wendung, dass der getötete Guido zum verstorbenen Buoso wird, öffnet sich der Vorhang für „Gianni Schicchi”, und eine lebhafte Komödie, das genaue Gegenteil der „Florentinischen Tragödie”, spielt sich ab. Die Kostüme mit einem Rinuccio im Heavy-metal- und einer Lauretta im Gymnasiastin-Look waren zwar Gegenwart, aber die Sänger spielten eine zeitlose, leicht verständliche Komödie, die das Publikum oft herzlich zum Lachen brachte.
AKAHATA
Die NIKIKAI-Oper Tokyo hat sich daran gewagt, die Oper in die Gegenwart zu befördern.
Es handelt sich um eine Kombination aus Zemlinskys „Florentinischer Tragödie” und Puccinis „Gianni Schicchi”. Das erste Stück ist eine Geschichte von Liebe und Hass, in der ein Ehegatte den Geliebten seiner Frau umbringt, das zweite eine muntere Komödie um die Erbschaft eines sehr reichen Kapitalisten. Karoline GRUBER hat die beiden Geschichten als Akt 1 und 2 desselben Dramas inszeniert, als die Rück- und Vorderseite derselben Münze. Die Verschlagenheit des Menschen, die beim Erbschaftsstreit zutage tritt, hat Tasuku NAONO voll zum Ausdruck gebracht. Die kritische Einstellung, ebendies zum Gespött zu machen, verfehlt zwar in keinem Zeitalter seine Wirkung, durch die Kostüme aber in die Gegenwart verlegt, wird die Geschichte noch überzeugender.
Die vorausgehende Tragödie hinterlässt einen tiefen Eindruck. Die Regisseurin hat die perverse Psychologie der Handlung als SM auf einer Bühne mit Transvestiten umgedeutet. Zemlinsky war in der Tat vertraut mit der Hassliebe zwischen Mahler und seiner Frau; alleine deswegen schon war dieser Regie-Einfall eine wahre Offenbarung. Der großartigen Leistung der Solisten Michio TATARA, Tetsuya ONO und Yumiko KAN, die mit Bravour die immensen Anforderungen von Gesang und intensiver Schauspielerei meisterten, gilt mein höchster Respekt.